Kunsthistorik
Epitaph
Johann v. Wolffersdorff (1549-1610), Amtshauptmann von Weißenfels und kürfürstlich
Geheimer Rat erwarb 1593 das Rittergut Dehlitz.
J. v. Wolffersdorff und seine Ehefrau Margarete v. Bünau wurden in der Kirche beigesetzt.
Der einzig überlebende Sohn Gottfried v. Wolffersdorff errichtete seinen Eltern 1613 ein
beeindruckendes Denkmal. Das mehretagige Epitaph aus weißem und schwarzem Alabaster
steht mit seiner ins Virtuose gesteigerten Ornamentik im Knorpelwerkstil und seinen filigran
gearbeiteten Reliefs auf der Höhe der manieristischen Bildhauerkunst vor dem Dreißigjährigen Krieg.
Eine ursprünglich goldglänzende Bronzetafel unterhalb des mittleren Reliefs beschreibt Herkunft und
Verdienste der Eltern und des Stifters. Das Stifterpaar wird in kniender Stellung als vollplastische Figuren gezeigt.
Die ausgewogenen Proportionen und die Komposition des Epitaphs und die feine Bildhauerarbeit deuten auf die
Bildhauerschulen um Noßeni, Schwenke und Hornung in Dresden und Pirna um 1600 hin.
Dafür spricht die politisch einflußreiche Position der Familien Wolffersdorff
und Bünau am kursächsischen Hof.
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Auf den kleineren Reliefs des dreigeteilten Hauptteils des Epitaphs werden links die Anbetung des Jesuskindes
und rechts die Auferstehung Christi dargestellt. Das größere Relief in der Mitte symbolisiert
die Erlösung der sündigen Menschheit durch den Kreuzestod Christi. Die Menschheit, dargestellt durch
Adam und Eva, wird niedergedrückt durch einen Balken mit der Inschrift Verflucht sei, wer nicht alle Worte
dieses Gesetzes erfüllt. Im Hintergrund weist eine weibliche Figur, die ein Kind auf dem Arm trägt,
auf die Kreuzigung hin. Dieses Relief ist eine sehr eindrucksvolle bildliche Darstellung des Evangeliums
nach reformatorischem Verständnis, d. h. die Erlösung des Menschen nicht durch die Einhaltung
des Gesetzes sondern durch den Tod Christi. Über diesem zentralen Relief befindet sich ein schmaleres
mit der Darstellung der Himmelfahrt Christi. Zu beiden Seiten des Reliefs stehen die Evangelisten
Matthäus (links) und Markus (rechts). Auf der darüber befindlichen Bekrönung folgt
links außen der Evangelist Lukas und rechts Johannes, dazwischen eine Inschriftenkartusche und
verschiedene Putten und Ornamente.
Der Herrschaftßtand oder Patronatsloge
Auf der Nordseite des Kirchenschiffes befindet sich einen etwa 10 m lange reich gestaltete Sandsteinfaßade.
Hinter der Faßade befinden sich zwei kleine Räume, die von der Nordseite der Kirche über eine Treppe
zu erreichen sind. Von dem östlichen Raum, ursprünglich ausgestattet mit einem Kamin, folgten die Rittergutsbesitzer
und ihre Familien dem Gottesdienst. Die Faßade gliedert sich in 8 Achsen und drei horizontale Hauptzonen.
Sie ruht auf Konsolen, die mit Groteskenmasken geschmückt sind. Auf dem darüber sich befindenden Sims
stehen neun Pfeiler, die oben in einer Frauenbüste enden (in der Architektur Karyatidhermen genannt).
Sie unterteilen die mit Rollwerkkartuschen geschmückten Felder der Brüstungszone. Eine weitere Reihe dieser
Pfeiler steht darüber zwischen den Fenstern des Herrschaftßtandes.
Der Dehlitzer Herrschaftßtand entstand um 1625 vermutlich in Anlehnung an den Herrschaftßtand im nahe
gelegenen Ort Teuchern. Seit 1624 waren die Dehlitzer und Teuchener Rittergutsbesitzer verschwägert.
Die beiden Herrschaftßtände weisen beträchtliche ähnlichkeiten auf und zeichnen sich durch das Material,
ihre reiche Gestaltung und die frühe Entstehungszeit aus. Die meisten Herrschaftßtände in der Region sind
aus Holz und entstanden erst nach dem 30-jährigen Krieg.
Die Patronatsloge dient heute als Winterkirche. Das Fenster laßen sich nach oben schieben und das Fensterglas
stammt noch aus der Entstehungszeit.
Kanzel
Eine prächtige Sandsteinkanzel vom Anfang des 17. Jahrhunderts befindet sich am Pfeiler zum Anbau an der Südseite der Kirche.
Der Kanzelkorb ruht auf der Figur eines fliegenden Engels. Eine raumgreifende Wendeltreppe um den Pfeiler herum führt auf die Kanzel.
Am Fuße der Treppe befindet sich eine reich gegliederte Triumphpforte. Der Kanzelkorb und die Treppenbrüstung am Kanzelaufgang
sind mit qualitätsvollen Vollplastiken und Reliefs üppig geschmückt, die verschiedene Aspekte des christlichen Glaubens
darstellen. Die Kanzel, von der die Bibel ausgelegt wird, ist ein zentraler Aspekt des Protestantismus.
Die weiblichen Figuren zu beiden Seiten der Pforte repräsentieren den Glauben (weibliche Figur mit Kelch)
und die Nächstenliebe (weibliche Figur mit Kind).
In den Feldern des Kanzelkorbs sind Christus und die vier Evangelisten abgebildet. Beginnend rechts neben dem Kanzelaufgang
zeigen die ersten vier Reliefs die Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und Johannes mit ihren jeweiligen Attributen Engel,
Löwe, Stier und Adler. Das fünfte Relief an der zentralen Stelle des Kanzelkorbs zeigt Christus als Schmerzensmann
mit der Dornenkrone. Die Figuren auf den Konsolen zwischen den Feldern des Kanzelkorbes, über der Pforte und an der
Treppenbrüstung stellen die 12 Apostel dar, von denen allerdings nur noch 8 vorhanden sind. Auf den Konsolen über
dem Portal stehen links Petrus mit dem Schlüßel und rechts Andreas mit dem Andreaskreuz. Die fünf Felder der
Treppenbrüstung zeigen die von Engeln getragenen Leidenswerkzeuge Christi und symbolisieren die Paßion Christi:
Engel mit Kelch und Brot, Engel mit Lanze und Schwamm, Engel mit der Geißelsäule, Engel mit dem Schweißtuch
Christi und Engel mit der Leiter. Als Vorlage für die Reliefs benutzte der Künstler die Stichserie "Theatrum
Paßionis Christi" des Niederländers Aegidius Sadeler (ca. 1570 – 1629).
Durch einen Eintrag im Dehlitzer Taufregister läßt sich die Entstehung der Kanzel auf 1615/16 datieren:
ein Bildhauergeselle Tobias N. wird am 16. Mai 1916 als Taufzeuge genannt mit dem Hinweis, daß er an der Kanzel arbeitet.
Ungeklärt bleibt allerdings, ob Tobias N. die Kanzel selbst schuf oder im Auftrag einer Werkstatt vorgefertigte Teile vor Ort
montierte.
Stand 9/2009
Altar und Altarbild
Der barocke Säulenaltar wurde vermutlich durch den Weißenfelser Orgelbauer Georg Theodor Kloße 1737/1738 geschaffen.
Zwei Engelfiguren mit Kreuz und Kelch balancieren über dem Altar und symbolisieren den christlichen Glauben. über dem linken
seitlichen Durchgang steht Moses und auf der rechten Seite Johannes der Täufer. Zentrum des Altars ist das Bild "Das letzte
Abendmahl". Es wurde 1738 von dem italienischen Maler Giovanni Antonio Guardi (1698-1760) gemalt im Auftrag des Feldmarschalls
Johann Mathias Graf v. der Schulenburg. In der Predella unterhalb des Altarbildes befand sich ursprünglich ein geschnitztes
Abendmahlsrelief, das verloren gegangen ist. Der ursprünglich in der Kirche befindliche gotische Altar, der 1594 aus dem
aufgelösten Frauenkloster in Weißenfels nach Dehlitz gebracht wurde, befindet sich seit 1737 in der Kirche in Treben
im Nachbarort Lösau.
Das Rittergut befand sich zu diesem Zeitpunkt im Besitz des Feldmarschalls v. der Schulenburg, der einer der bedeutendsten
ausländischen Kunstsammler im Venedig des 18. Jahrhunderts war. Der Maler Guardi war einer seiner künstlerischen
Berater und kopierte "Das letzte Abendmahl" des Malers Sebastian Ricci für die Kirche in Dehlitz.
Das Bild zeigt Christus mit den zwölf Jüngern bei dem letzten gemeinsamen Mahl vor seiner Kreuzigung.
Das Bild galt lange als verschollen und war nur aus den Auftragsbüchern bekannt. Im Zusammenhang mit der Vorbereitung einer
Ausstellung der Werke der Brüder Guardi 1965 in Venedig wurde das völlig verschmutzte Bild in der Kirche in
Dehlitz entdeckt. Nach der Reinigung und Restaurierung wurde es in der Ausstellung in Venedig und 1992 in der Ausstellung Venedigs
Ruhm im Norden in Hannover und Düsseldorf gezeigt.
Aus konservatorischen und Sicherheitsgründen wird das Bild seit 1965 im Institut für Denkmalpflege/Landesamt
für Denkmalpflege in Halle aufbewahrt. Das derzeitige Bild ist eine Fotoreproduktion.
Ergänzung
Auf dem Altarbild ist das letzte gemeinsame Mahl Christi mit seinen Jüngern vor seiner Gefangennahme dargestellt.
Christus ließ die Jünger das traditionelle Mahl in der Nacht vor dem Passahfest bereiten; damit wurde es in den
Zusammenhang alttestamentlicher Tradition gestellt. Christus sprach bei diesem Mahl die als Einsetzungsworte bekannten Worte,
in denen er seinen bevorstehenden Tod deutete und gleichzeitig seinen Jüngern die Verpflichtung auferlegte, künftig
das gemeinsame Mahl zu seinem Gedächtnis zu halten. Er bezeichnet das Brot als seinen Leib, den er für die Menschheit
gegeben habe, und den Wein als sein Blut, das er für die Menschheit vergossen habe. Diese Worte werden in der christlichen
Kirche bis heute bei der Feier des Abendmahls als Einsetzungsworte gesprochen.
Der Feldmarschall Johann Matthias Graf v. der Schulenburg (1699-1747) stand seit 1715 im Dienste der Republik Venedig.
Seine erfolgreiche Verteidigung der Insel Korfu 1716 gegen die Türken trug ihm die Bewunderung Europas ein.
Schulenburg war nicht nur ein gefeierter Soldat sondern auch großer Kunstsammler. Seit 1731 war er Besitzer von Dehlitz.
In den Konto- und Auftragsbüchern des Grafen v. der Schulenburg finden sich zwei Eintragungen vom 11. Juli und
1. September 1738 für die Zahlung an Guardi für die Kopie eines Abendmahls von Sebastian Ricci für die Kirche
in Dehlitz (per la copia d´un cena del Sebastiano Rizzi per la chiesa di Doelitz).
Stand 9/2009